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21.07.2022, 10:34 | #1 | |
Registriert seit: 08.02.2006
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Wieviel „Fotograf“ muss man noch sein – Fluch und Segen moderner Technik?
Zitat:
Aber dieses Thema treibt mich nun schon eine Weile um, wenn ich mein eigenes fotografisches Treiben betrachte ... Daher sorry an Bandenfresser, dass ich ausgerechnet dein Zitat rausgepickt habe. Aber schöner hätte ich mein Super-First-World-Problem nicht in einen Satz packen können. Die ketzerische Frage ist: Wenn ich mit einer modernen Kamera quasi einen „Film“ mit 30 oder mehr Bildern/Sekunde bei 50 oder mehr Megapixeln schießen kann, bei perfekt sitzendem AF ... Wieviel Talent braucht es dann noch, um (in meinem Fall) ein Superbild bei einer Tanzshow zu schießen oder (für die meisten Foristen hier) ein perfektes Wildlife-Bild? Also letzten Endes alles, was mit schneller Bewegung zu tun hat und „früher“ richtig viel Talent, Erfahrung und Glück gebraucht hat. Heute: Weitwinkel, draufhalten, dem Tracking-AF vertrauen, aus hunderten Bildern DEN Moment aussuchen, zurechtcroppen: Super, das Forum applaudiert? Vielleicht bin ich auch einfach nur altmodisch mit der Meinung, dass ein Foto nicht erst am Rechner entstehen sollte (ich erinnere mich da an die „Portrait Photographer of the Year“-Bilder, die streckenweise eher digitale Gemälde waren). Ich hoffe ihr merkt, dass ich hier Devil's Advocat spiele und entsprechend übertreibe, daher ist der Thread ja auch im Café. Natürlich braucht es eine gewisse Erfahrung, um Bewegungen von Tänzern (oder Tieren) zu antizipieren und niemand möchte 10.000 Bilder von einem Shoot durchforsten. Schon gar nicht, wenn es ein Job und Zeit Geld ist. Und Kentnisse in Sachen Bildwirkung und -aufbau braucht man sogar beim Croppen. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass wir dem alten Spruch „Mit so einer guten Kamera hätte ich das auch hinbekommen!“ schon ein gewaltiges Stück näher gekommen sind. Was meint ihr? Auf einer persönlichen Note kann ich sagen, dass ich die A1 liebe und sie meinen Job wesentlich erleichtert. Privat fehlt aber tatsächlich so ein bisschen der kleine Dopamin-Schuss, den es früher gab, wenn man mit der A7III oder gar A7 (weiter zurück brauche ich gar nicht gehen) DAS Bild im Set entdeckt hat, wo alles passt. Moment erwischt, Belichtung richtig, Technik hat funktioniert, YAY! Mit der A1 ist es mehr so, dass die Flut der technisch perfekten Bilder geradezu abstumpft für solche Glücksmomente. Daher nehme ich weiterhin gerne eine ältere Kamera oder privat die Leica Q mit all ihren Imperfektionen mit. Dafür mit dem Gefühl, dass mein Beitrag zum gelungenen Bild definitv höher ist als der der Kamera. |
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21.07.2022, 11:09 | #2 |
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Wenn Dinge nun einfach werden, die vorher schwierig waren, werden die Anforderungen für ein gutes Bild wohl steigen.
War das Licht optimal? Kommt es von der richtien Seite? Kamerastandpunkt zu hoch oder zu tief? Was ist mit dem Hintergrund? Tiefenschärfe zu viel oder zu wenig oder liegt nicht optimal? Wäre eine andere Brennweite nicht besser gewesen? Und die Motivklingel fehlt ja auch immer noch. Es bleibt für den Fotografen also noch ein wenig übrig um ein gutes Foto bekommen. Geändert von Gepard (21.07.2022 um 11:12 Uhr) |
21.07.2022, 11:41 | #3 |
Registriert seit: 14.06.2005
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Ich kann nur für Wildlife sprechen, aber da ist schon immer 90% der Arbeit, das Tier zu finden und auf eine fotografierbare Position oder Handlung zu warten. Das kann langwierig sein und manche Erfolge sind sehr selten.
Da ist es dann ein echt erhebendes Gefühl, mit der A1 ein Tool in der Hand zu haben, das die Wahrscheinlichkeit stark erhöht, ein brauchbares Bild von der Situation zu erhalten. Aber auch das braucht Übung. Selbst mit dieser Kamera. Drückt man einem Hobbyfotografen einfach eine A1 in die Hand, werden die Ergebnisse meist erstmal nicht wirklich überzeugend sein. Und dass man erstmal lernen muss, wie man 600mm Brennweite oder mehr so ruhig hält, dass man auch bei schwachem Licht brauchbare Ergebnisse bekommt, ist auch in Zeiten von IBIS und Co nicht anders als vorher. Manche lernen das nie. So, wie ich es wohl nie lerne, rasch und erratisch fliegende Vögel in halbwegs großem Abbildungsmaßstab lange genug im Sucher zu halten, dass brauchbare Bilder entstehen. Da hilft mir der tolle Augen AF und auch die 30 frames/s nichts. Eine tolle Kamera erleichtert das Hobby und bringt auf jeden Fall mehr Freude als Verdruß. Mit den Möglichkeiten steigt zudem auch die Zahl anderer, die ähnliches zu Sensor bringen und somit der Anspruch an die Bilder. Will man sich von der Konkurrenz positiv abheben, kostet das mindestens genauso viel Kreativität, Mühe und Zeit, wie schon immer...eher mehr, denn die Konkurrenz ist erheblich größer geworden. Habe ich vor 40 Jahren jemandem mit gleichem Hobby ein formatfüllendes Bild eines scheuen Vogels gezeigt, kam meist nur positive Resonanz bis hin zu Ahs und Ohs. Würde ich das gleiche Bild heute zeigen, fiele wohl vor allem die suboptimale Schärfe und Belichtung ebenso auf, wie die wenig gefällige Bildgestaltung. Treffe ich nach Jahren der Suche auf einen wilden Biber und kann den auch noch scharf abbilden, ist das gar nichts gegen die Biberbilder die zB ein Schmalzmann hier fast täglich zeigt. Nichts ist einfacher geworden und die Herausforderungen nicht kleiner. Aber das macht ja einen Teil der Spannung und der Freude am Hobby aus. " Das Essen schmeckt wirklich ausgezeichnet...sie müssen ganz tolle Töpfe haben" Viele Grüße Ingo
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Viele Grüße Ingo ____________________________ Kober? Ach der mit den Viechern! Geändert von ingoKober (21.07.2022 um 11:44 Uhr) |
21.07.2022, 11:48 | #4 | |
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Zitat:
das passende Kleingeld vorausgesetzt |
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21.07.2022, 12:18 | #5 |
Registriert seit: 14.06.2005
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Das Geld habe ich.
Bei Leica werde ich nie landen. Viele Grüße Ingo
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Viele Grüße Ingo ____________________________ Kober? Ach der mit den Viechern! |
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21.07.2022, 12:21 | #6 |
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Der gefällt mir!
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Gruß Klaus "Bildermacher" 2KW Unterwegs: München Venedig Berlin Berlin II Frankfurt Hamburg Rotterdam Ab in´s Museum Berlin III |
21.07.2022, 12:28 | #7 |
Registriert seit: 06.04.2008
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Ist von Helmut Newton...
https://editorial-blog.de/gute-toepfe/ |
21.07.2022, 12:28 | #8 | ||
Themenersteller
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Zitat:
Aber danke für deine ausführlichen Erklärungen zu deiner Erfahrung. Ich hab ja gesagt, dass ich extra etwas polarisierend formuliere und dass natürlich schon noch mehr dahinter steckt. Und die Erfahrung mit alten Bildern habe ich auch. Manche, die ich als persönliche Favoriten in Erinnerung hatte, schaue ich mir jetzt an und denke, dass der Fokus schon ziemlich daneben ist ... oder sonst ein technischer Mangel, der zwar der Bildwirkung nicht weh tut, heute aber eben mehr auffällt. Das Bessere ist der Feind des Guten und so... Andererseits, ich kann jetzt nur für Portraits sprechen, sehe ich die von mir beschriebene Vorgehensweise von draufhalten und Rest in der Bearbeitung erledigen schon auch „im Feld“. Bei Fototreffs gibt es teilweise schon erstaunliche Unterschiede zwischen dem, was vor Ort auf dem Display ist und dem, was später gezeigt wird. Da wird genau das gemacht. Gecroppt und bearbeitet, was das Zeug hält. Wobei natürlich ein auf Headshot gecropptes 35mm-Bild immer noch anders aussieht als ein formatfüllendes bei 85mm. Egal, wie viele Pixel da noch übrig sind. Zitat:
Die Q ist eine nette Immerdabeikamera und in meinem Fall war die sogar günstiger eine A7c. Irgendwo ist auch mal gut, die Anschaffung der A1 war schon völlig absurd eigentlich ... Geändert von Roland_Deschain (21.07.2022 um 12:31 Uhr) |
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21.07.2022, 12:43 | #9 | |
Registriert seit: 02.04.2019
Ort: Lübeck
Beiträge: 1.026
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Zitat:
Ja, die modernen Kameras werden in "mechanisch-technischer Sicht" immer besser:
Knipsen kann jeder, selbst mit einer a1 kann jeder knipsen. Aber Fotografieren fängt jenseits des Knipsens an. Und weil ich hobbymäßig auch Musik mache: es ist wie ein Instrument zu spielen.
Denn die entscheidenden Entwicklungen sind in der Vergangenheit schon gemacht worden, irgendwo zwischen 2 und 3 der Liste. Früher mit den mechanischen Kameras reichte es nicht aus, die technischen Zusammenhänge wie Blende und Belichtungszeit zu kennen und zu verstehen, man musste sie selbst händisch anwenden (sprich einstellen). Das haben uns die modernen Kameras inzwischen recht weitgehend abgenommen (zumindest partiell). Insofern wird es bis dahin vielleicht leichter. Aber gerade deswegen wird alles, was danach kommt, um so schwerer. Ohne "Talent", wie Du es in Deinem Eingangsposting, ist das eigentlich schon fast nicht zu machen.
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"Die ersten 10.000 Bilder sind die schlechtesten" - wahlweise Henri-Cartier Bresson, Jackson Pollock oder Helmut Newton zugeschrieben Geändert von DerGoettinger (21.07.2022 um 13:08 Uhr) |
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21.07.2022, 13:26 | #10 |
Themenersteller
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Auch wenn ich es nicht voll zitiere stimme ich dem weitgehend zu. Viele Der Dinge kann die Technik tatsächlich nicht ersetzen. Ich habe auch so viel Selbstbewußtsein anzunehmen, dass ich mit einem Mobiltelefon ein besseres Bild machen kann als jemand ohne fotografischen Hintergrund mit eine A1.
Aber die Technik macht schon einiges einfacher. Ich bleibe mal beim Tanz, um den Wildlifern nicht zu nahe zu treten. „Früher“ gehörte schon mehr Erfahrung dazu, den Moment zu erwischen. Im Zweifel wurde auf die erwartete Stelle vorfokussiert, man hatte keine nenneswerte Serienbildgeschwindigkeit, also eigentlich nur einen Versuch. Auch wenn ich heute noch ähnlich arbeite, macht eine A1 es schon leichter. Das nutze ich auch gerne (damit das hier von mir nicht alles wie „Früher war alles besser mimimi ... “ klingt Natürlich hilft mir der AF, mehr Qualität mit weniger Ausschuss zu erzeugen. Sonst wäre es ja völlig rausgeworfenes Geld Trotzdem denke ich, der potentielle Laie könnte einfach etwas weitwinkliger agieren, dem Tracking vertrauen und dann später auswählen. Und croppen. Und hätte dann ein ähnlich brauchbares Ergebnis, nur mit wesentlich mehr Aufwand. Auch das geht natürlich nicht ohne Grundkenntnisse. Trotzdem ist das natürlich keine auskömmliche Arbeitsweise, so viel Datenmüll will ich gar nicht durchforsten müssen. |
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