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Alt 01.03.2016, 12:25   #19
Dat Ei
 
 
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Moin Harald,

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Was, zweitens, die Anmerkung zu den Hochformaten betrifft, gibt es zwei Gründe dafür: einen stilistischen (ich mag in der Tat Querformate, selbst bei Porträts, ist halt eine persönliche Geschmackssache) und im Falle dieses Forum einen pragmatischen: Aufgrund der Höhen- und Breitenbeschränkung für Uploads muss ich Hochformate stärker herunter rechnen, sie werden damit kleiner.
den ersten Grund kann ich ja noch nachvollziehen, aber den zweiten nicht. Ich photographiere weder für das Forum, noch die Galerie, sondern aus eigenem, inneren Antrieb. Warum sollte ich also technische Beschränkungen eines einzelnen von vielen Präsentationswegen Einfluss auf meine Gestaltung nehmen lassen?

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Aber auch Erwachsene bekommen normalerweise kein Geld, jedenfalls nicht für Nichts. Nicht einmal Bettler. Und auch das wird (außer bei Bettlern) auch nicht nur nicht erwartet, gar verlangt, sondern zuweilen sogar als Beleidigung empfunden. Denn die Menschen in den meisten uns kaum bekannten Ländern haben weitaus mehr Stolz noch als wir.
Genau das ist der Ritt auf der Rasierklinge. Es ist für uns "Touris" oft sehr schwer zu entscheiden, ob wir einen professionellen Bettler, einen professionellen Schausteller oder wirklich einen Bedürftigen vor uns haben. Sich professionell in Pose zu werfen, mag ein Geschäftsmodell sein, dessen Erlös in manchen Ländern aber eher soziale Probleme forciert denn heilt, weil er unangemessen ist. Die andere Gefahr ist - ohne dass ich Dir diese Denke unterstellen möchte -, dass wir für Touris für unsere Bereitschaft, Geld zu geben, erwarten, dass der andere auch bereit sein muss, eine Gegenleistung zu erbringen, wie recht sie ihm auch immer sein mag, so wenig sie mit seinem Selbstverständnis sie auch im Einklang sein mag.

Doch all das, was Du in Bezug auf meine Äthiopien-Bilder schreibst, geht er für mein Dafürhalten völlig am Ziel vorbei. Die Menschen diese Völker leben in überraschend intakten gentilen Dorfgemeinschaften, in denen es wenig Privateigentum gibt, man sich selbst versorgt und das, was man hat, auch teilt. Das Geld floss denn in eine Art Dorfkasse, aus der man dann zusammen für das Dorf ein Auto oder ein Moped kauft, wenn man mal jemand zum Arzt in die nächste Kleinstadt bringen oder ausgebüchste Rinder suchen will. Nun gut, vielleicht auch mal ein Gewehr, um die Herden zu beschützen oder ein bissel damit zu protzen. Das macht man am Omo schon seit Menschengedenken so, ist Teil der Kultur...

Ich hatte stets den Eindruck, dass es gerade die jungen Leute, Mädchen wie Jungen, als einen Art Sport betreiben, ein paar Birr zu ergattern, so wie andere in dem Alter (in post-smartphonalen Zeiten) halt Briefmarken sammelten. Ich weiß, das Beispiel hinkt, aber es trifft die Sache: Sie sehen es als Hobby, als kleine erheiternde Herausforderung, eine den immer gleichen Alltag unterbrechende Abwechslung – nicht aber als Lebensunterhalt. Wahrscheinlich äußert sich hier, vor allem bei den Mädchen, auch eine gewisse Eitelkeit: Wer ist halt am attraktivsten für bleichgesichtige Gäste? Fragen konnte ich sie danach nicht, sie verstanden weder Englisch noch Amharisch (was unser Guide dann hätte übersetzen können).

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Und im Übrigen: Warum sollten diese Menschen kein Recht auf das eigene Bild haben (wie bei uns so ganz selbstverständlich) und sich so zumindest einen gewissen Gegenwert für das Posieren geben lassen? Ich finde das absolut nachvollziehbar.
Ich will niemandem das Recht am eigenen Bild absprechen. Ich mag nur nicht professionelle Modells photographieren, die mir für Geld ihre einstudierten Posen anbieten. Und umgekehrt möchte ich selber nicht nur als Schütze und Trophäenjäger wahrgenommen werden. Daher ist mir der Kontakt mit dem Menschen wichtig, der über das Photo hinaus geht. Zudem löst das die Stimmung und bringt andere Gesichtsausdrücke hervor, wenn die Portraitierten sich wohl fühlen und Vertrauen fassen.

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Ohnehin müssen wir uns davor hüten, so zu tun, als müssten wir ihnen unter allen Umständen ihre prähistorische Lebensform erhalten – notfalls gegen ihren Willen. Wir leben auch nicht mehr in Hütten im Wald, tanzen im Bärenpelz singend ums Lagerfeuer und ernähren uns nur von dem, was im eigenen Vorgarten wächst. Heute muss doch in unseren so überlegenen Gesellschaften für jedes kleine Fingerkrummmachen gelöhnt werden.
Da bin ich bei Dir.

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Das ist für mich ein wenig vergleichbar mit unserem Gutmenschentum (ich weiß, dieses Un-Wort ist gefährlich), mit dem wir, nachdem wir unsere Wälder abgeholzt haben, unsere Luft, Böden und Gewässer für grenzenloses Industriewachstum verpestet haben, anderen vorzuschreiben versuchen, dass sie all das bitteschön zu unterlassen haben – am Ende gar bei Androhung von Strafe. Dabei bilden wir EU-Europäer gerade einmal 8 Prozent der Weltbevölkerung…
Das ist für mich mit ein Grund, warum ich gerne nach Südostasien reise. Dort leben so viele Menschen ihr ganz eigenes Leben mit ihren ganz eigenen Vorstellungen, dass einem schnell bewußt wird, dass wir nicht der Mittelpunkt des Weltgeschehens sind, auch wenn uns das oft auf den verschiedensten Wegen vermittelt wird. In der Ferne relativiert sich unter den neuen und anderen Eindrücken schnell das eigene Leben und die eigene Wahrnehmung.

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Beste Grüße in den Norden...
Ich glaube, da hast Du Dich von meinem "Moin, moin" in die Irre leiten lassen. Sowohl meine Heimatstadt, als auch meine beiden, aktuellen Wohnorte liegen südlich von Leipzig.

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...mit der Bitte denn um weiteren vor allem natürlich fotografischen Austausch.
Rein aus dem chronologischen Verlauf heraus hätte ich noch Portraits aus Indien anzubieten. Neues Material entsteht dann hoffentlich im November wieder.


Dat Ei
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