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Alt 29.02.2016, 11:42   #17
Dat Ei
 
 
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Moin Perser,

erst einmal herzlichen Dank für den Einblick in eine mir fremde Welt und die Infos. Einige Bilder kommen sehr offen und natürlich rüber, bei anderen merkt man, dass die Abgelichteten just für's Photo posen. Was mir photographisch aufgefallen ist, sind zwei Dinge. Zum einen schließt Du bei einigen Bildern sehr weit die Blende. Eine offenere Blende und ein engerer Ausschnitt würden das Bild mehr auf die Person konzentrieren. Das Zweite ist, dass nur 2 von den 13 Bildern im Hochkantformat sind. Ist das Zufall oder ein grundsätzlicher Trend?

Zitat:
Zitat von perser Beitrag anzeigen
Dennoch hat es sich bei einigen dieser Ethnien – so auch den Abore – eingebürgert, Geld zu verlangen, wenn sie fotografiert werden wollen. Pro Foto wollen sie dann ein 1 bis 2 Birr, dann sind 4 bis 8 Euro-Cent.
Anfangs stutzt man, erstens weil man das allenfalls aus Marrakesch kennt, zweitens weil man nicht weiß, was sie mit dem Geld wollen. Aber man gibt es gern, auch deshalb, weil es sich so gewissermaßen um einen Deal zum gegenseitigen Nutzen („Win-Win“) handelt. Man ist damit kein Bittsteller und muss auch nicht heimlich aus der Hüfte schießen…
An diesem Punkt laufen unsere Meinungen auseinander. Sicherlich sind das keine Beträge, über die man aus europäischer Sicht lange nachdenken muss, aber man muss im Hinterkopf behalten, welchen Einfluß dieses Geld auf die Gesellschaft vor Ort hat. Das "Picture for money" ist nicht nur in Äthiopien oder Marrakesch anzutreffen, sondern überall in der 2. und 3. Welt. Die Geldbeträge sind für uns nichtig, aber für die Menschen vor Ort nicht. Dort zerstört das Geld soziale Gefüge. Im Jahr 2006 wurde ich in Kambodscha an jeder Ecke von Kindern angesprochen "One picture - one dollar". Wenn man die Kinder anspricht, warum sie nicht in der Schule seien, heißt es, die würde heute ausfallen, oder man hört sonstige Ausreden. Tags drauf trifft man die Kinder wieder und hört abermals die Ausreden. In einem Gespräch mit zwei Touristen-Polizisten erfuhren wir, dass sie einen Monatslohn von 50,- Dollar bekamen. Warum sollte ein Kind nun in die Schule gehen, wenn es mit Betteln und Gesicht hinhalten mehr als der eigene Vater verdient? Wie steht der rechtschaffende Vater vor den Kindern da? Gerade in Kambodscha, wo die Roten Khmer alle umgebracht haben, die irgendwie Intellekt hatten oder intellektuell wirkten (Brille tragen reichte schon), braucht es eine nachwachsende Generation, die sich bildet, damit das Land wieder auf die Füße kommt. Mit "One picture - one dollar" kommt nach den Roten Khmer die zweite Zerstörungswelle.

Des weiteren wirst Du - und das ist meine tiefste Überzeugung - deutlich andere Gesichtsausdrücke in Deinem Sucher zu sehen bekommen, wenn Du einen Kontakt zu den Leuten aufbaust, ein Gespräch suchst und sie dann photographierst. Daher auch nochmal an Dich mein Tipp: besorgt Dir oben genanntes Buch von David duChemin.


Dat Ei
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